Fachbeiträge
Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Steuerrecht
Dr. iur. Klaur-R. Wagner, Wiesbaden
Kapitalanlagerechtliche Aufklärungspflichten von
Bauträgern im Hinblick auf After Sales Service (ASS)
Bieten Bauträger selbst oder mittels eines Kapitalanlagevertriebes
Anlageinteressenten Häuser oder Eigentumswohnungen als Immobilien-Kapitalanlagen
mit Zukunftsaussichten (z.B. zum Zwecke der Altersvorsorge) an, dann
sind sie vertraglich und kapitalanlagerechtlich verpflichtet, darüber
zu informieren, ob auch ein sog. "after sales service" angeboten
wird. Nachfolgend werden die rechtlichen Gründe in einer Zusammenfassung
dargestellt. Der vollständige Beitrag in ungekürzter Fassung
wird in Kürze in
Schmider/Wagner/Loritz: Handbuch der Bauinvestitionen
und Immobilienkapitalanlagen (HdB)
veröffentlicht werden.
1. Der Ausgangspunkt
Heute ist verstärkt anzutreffen, dass nicht alleine
die Wohnung als Kapitalanlage "verkauft" wird, sondern mit
Zukunftsaussichten als Problemlöser, wenn etwa angesprochen wird,
diese Kapitalanlage könne nach Tilgung der Fremdfinanzierung
als arbeitsunabhängiges Zusatzeinkommen Bestandteil der Altersversorgung
oder Altersvorsorge sein. Es wird mithin letztlich nicht etwas Gegenwärtiges
verkauft, sondern eine Zukunftsaussicht, die eine Wirtschaftlichkeitserwartung
einschließt, so dass der damit einhergehende Informationsumfang
das mit einschließen muss, was im Hinblick auf diese Zukunftsaussicht
und Wirtschaftlichkeitserwartung auf der damit einhergehenden Zeitschiene
bewältigt werden muss. Dies gilt auch und gerade für eine
vermietete Immobilie als Kapitalanlage, die mit der Zukunftsaussicht
vermarktet wird, als Baustein eigener Altersvorsorge geeignet zu sein.
Dann aber ist es nicht damit getan, den Anlageinteressenten im Hinblick
auf die Investition in dem Umfange zu
beraten wie die Rechtsprechung es fordert, während für die
Dauer der Bewirtschaftungsphase bis zum
Alter unerörtert bleibt, welche Erschwernisse und Unwägbarkeiten
auf einen Kapitalanleger warten. Der Kapitalanleger sollte folglich
wissen, welche Erschwernisse und (Alltags-) Probleme er sich mit einer
Immobilie einkauft, deren er sich mühsam selbst annehmen muss,
wenn er nicht zur eigenen Entlastung Serviceleistungen in Anspruch
nimmt, die er allerdings auch gesondert bezahlen muss. Preisunterschiede
bei Immobilienkapitalanlagen gegenüber klassischen Immobilien
in vergleichbarer Lage erklären sich dann nicht aus einer Überteuerung
von Immobilienkapitalanlagen, sondern können ihre Ursache in
durchaus wichtigen Serviceleistungen haben.
Beispiele
-
Eine Immobilie bedarf stets auch einer Folgebetreuung
für die Zeit nach der Fertigstellung, um die Immobiliensubstanz
werthaltig zu halten.
-
Die Folgebetreuung hat sich aber nicht nur mit
der Immobiliensubstanz zu befassen, sondern auch mit der Vermietung
derselben. Diese muss im Interesse des Kapitalanlegers stets optimiert
werden, sei es bei der Durchsetzung von Mietzinssteigerungen oder
auch beim Mieterwechsel, um den Immobilienertrag nicht nur sicherzustellen
sondern zu optimieren. Dazu kann auch bei Eigentumswohnungen im
Geschoßwohnungsbau gehören, dass sich nicht nur das Mietzinsniveau
in der einzelnen Wohnung verbessert, sondern auch das Mieterniveau
im Gesamtobjekt.
-
Auch bedarf es einer Verwalter-Kontrolle (WEG-Verwalter
bzw. Mietverwalter).
-
Während der Dauer der vom Kapitalanleger gehaltenen
Immobilienkapitalanlage kann es sich anbieten, durch Umschuldung
die Finanzierung des Kapitalanlegers zu optimieren bzw. Finanzierungsbelastungen
günstiger zu gestalten. Denn auch dies kann dazu beitragen,
den Ertrag aus Mieteinnahmen und immobilienbezogenen Ausgaben zu
optimieren.
-
Würde der Kapitalanleger keine Serviceleistungen
in Anspruch nehmen, müßte er sich zeitaufwendig um vieles
selbst kümmern müssen, ohne darin u.U. erfahren zu sein.
Insbesondere dann, wenn der Kapitalanleger z.B. eine Wohnung vom
Bauträger erworben hat, die sich fern vom eigenen Wohnsitz
befindet, kann dies Probleme schaffen. Dazu kann z.B. gehören,
sich um vom Mieter monierte Mängel kümmern und deren Beseitigung
überwachen zu müssen, an Wohnungseigentümerversammlungen
teilnehmen zu müssen, Nebenkostenabrechnungen für den
Mieter vornehmen zu müssen, bei Auslaufen der Festschreibungszeit
der Finanzierung Bankengespräche führen zu müssen
etc.
-
Schließlich müsste sich ein Kapitalanleger
durch Augenschein vor Ort vermehrt um seine Immobilienkapitalanlage
kümmern, um nicht nur zu reagieren, sondern um zu überlegen,
was er nicht von sich aus aktiv anschieben müßte, um
Optimierungsmaßnahmen einzuleiten.
Dies alles kann Gegenstand von "after sales service"
sein.
2. Ziel kapitalanlagerechtlicher Aufklärungspflichten
Die Ziele des Anlegerschutzes im Kapitalanlagerecht
des freien Kapitalmarktes sind,
-
als Anleger zutreffend und vollständig informiert
zu werden, um dadurch Risiken zutreffend einschätzen und
-
die angebotene Kapitalanlage selbst beurteilen zu
können,
damit in voller Kenntnis der Sachlage eine sachgerechte
Entscheidung getroffen werden kann.
Es geht mithin um Risikoaufklärung. Und zu dem
Begriff des Risikos gehört nicht alleine das Totalverlustrisiko
der Kapitalanlage, sondern auch all das, was von der Erwartung des
Kapitalanlegers abweicht, um die mit der Kapitalanlage ihm in Aussicht
gestellten wirtschaftlichen Ziele erreichen zu können (sog. Gesamtbildbetrachtung).
Der Anleger muss damit abschätzen können,
ob die angebotene Immobilienkapitalanlage für ihn und seinen
Erwartungshorizont eine geeignete Kapitalanlage ist und ob seine Erwartung,
dass diese Kapitalanlage auch die erhofften Erträge abwirft,
sich realistisch auch dann erfüllen wird, wenn er sich bei Einsparung
von Fremdleistungen und damit zusammenhängenden Kosten selbst
darum kümmert. Andernfalls muss er erkennen können, dass
die Werterhaltung und Ertragssicherung seiner Immobilienkapitalanlage
zwar Kosten für in Anspruch genommene Leistungen Dritter auslöst
(sog. after sales service), was zu Lasten der erhofften Erträge
geht, der Anlager sich damit aber die professionelle Unterstützung
Dritter sichern kann, die mit der Kapitalanlage
– nicht nur der Immobilie - optimaler umgehen können, als
es der Anleger bei erheblichem zeitlichem Eigenaufwand selbst könnte.
Entscheidend für den letzteren Aspekt ist dann, wie professionell
besagte Dritte sind und was diese diesbezüglich an Kompetenz
und Erfahrung vorzuweisen haben, worüber ebenfalls zu informieren
ist. Erst dann und nur dann, wenn besagter Kapitalanleger über
all dies informiert wurde und dann eine Entscheidung in die eine oder
andere Richtung getroffen hat, ist es folgerichtig, den Anleger für
seine Entscheidung auch einstehen zu lassen.
3. Prospektausweispflicht
Bei der durch einen Prospekt vermittelten Information
kommt es nicht auf ein Maximum sondern auf ein Optimum an Information
an. Und zum Optimum an Information gehört auch, nicht nur über
die angebotene Kapitalanlage als Investition mit Zukunftsaussichten
zu informieren, sondern auch über die damit verbundenen und oben
dargestellten Folgen. Denn der Prospekt soll dem Anlageinteressenten
nicht nur eine Risikoeinschätzung ermöglichen, sondern auch
eine Beurteilung der Anlage in Verbindung mit der mit vermarkteten
Zukunftsaussicht selbst. Also wäre in einem Prospekt u.a. auch
deutlich darzustellen, welche Folgen es für einen Kapitalanleger
hat, wenn er sich mit der Werterhaltung der erworbenen Immobilienkapitalanlage
selbst befassen muss,
-
weil entweder kein wählbares professionelles
Management im Rahmen eines after sales service angeboten wird, das
sich dieserhalb der Immobilienkapitalanlage des Anlegers annehmen
könnte oder
-
weil bei einem solchen Angebot der Kapitalanleger
auf dessen Inanspruchnahme verzichtet
oder welche Folgen es in Gegenüberstellung (worst
case / best case) für den Kapitalanleger haben kann,
Prospektiv ausweispflichtig sind "alle Umstände"
der angebotenen Kapitalanlage, wozu auch zukunftsbezogene Umstände
gehören, die Einfluß auf den durch den Prospekt erzeugten
Gesamteindruck haben können.
4. Prospekthaftung
Mit der Prospekthaftungs-Rechtsprechung des BGH sind
in einem Prospekt die Risiken darzustellen, die zu einem späteren
Wertverfall der offerierten Kapitalanlage führen können
bzw. den Gesamteindruck in die Notwendigkeit der Pflege der Immobilienkapitalanlage
zwecks ihrer Werterhaltung vernebeln. Bei einer mit Zukunftsaussichten
vertriebenen Immobilienkapitalanlage wie etwa einer vermieteten Eigentumswohnung
zum Zwecke der Altersvorsorge kommt es schließlich für
die Werthaltigkeit der Kapitalanlage nicht nur auf den Zeitpunkt des
Erwerbs derselben an, sondern gerade auch darauf, dass sie bis zu
dem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt des Alters des Anlegers keinen
Wertverfall erleidet. Da dies aber nur durch oben dargestellte professionelle
Pflege der Kapitalanlage erfolgen kann, ist die zuvor bezeichnete
Aufklärung prospektiv geboten, mit dem Spiegelbild, dass es zur
Prospekthaftung führen kann, wenn dem nicht entsprochen wird.
Es geht mithin bei diesen Prospekthaftungsrisiken nicht
darum, den Bauträger dafür einstehen zu lassen, dass die
als Baustein der Altersvorsorge offerierte Immobilienkapitalanlage
auch im Alter des Kapitalanlegers noch so werthaltig ist wie beim
Erwerb, sondern um die Erkenntnismöglichkeit
des Kapitalanlegers,
-
dass eine solche Immobilienkapitalanlage diverser
oben dargestellter Maßnahmen aufgrund einer qualifizierten
Folgebetreuung bedarf, um auch bis zum Alter werthaltig zu bleiben
und
-
ob dieserhalb sich der Kapitalanleger selbst darum
kümmern muss oder professionelle Leistungen Dritter in Anspruch
nehmen kann,
-
wie auch deutlich werden muss, welches die Folgen
für seine Kapitalanlage sein können, wenn keine professionellen
Leistungen Dritter angeboten werden bzw.
-
im Falle des Angebots er solche nicht in Anspruch
nimmt.
Es geht mithin nicht um die Frage, ob die vorgenannten
beispielhaft angesprochenen Serviceleistungen eines Bauträgers
im Zuge der Vermarktung von Immobilienkapitalanlagen für ihn
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber solche Serviceleistungen nicht
anbietenden Konkurrenten darstellen, denen der optische Nachteil gegenüber
steht, dass solche Serviceleistungen bezahlt werden müssen, ohne
dass dies etwas mit einer angeblichen Überteuerung angebotener
Immobilienkapitalanlagen zu tun hat. Vielmehr geht es umgekehrt um
die originär kapitalanlagerechtliche
Rechtspflicht, daß sich derjenige Bauträger Haftungsrisiken
aussetzt, der im Vertriebsgespräch bzw. im Prospekt nicht darüber
aufklärt, welche Folgen es für den Kapitalanleger haben
kann, wenn er sich um alles im einzelnen beispielhaft Aufgezählte,
was mit der Immobilienkapitalanlage in der Bewirtschaftungsphase zusammenhängt,
selbst kümmern muss; dies insbesondere dann, wenn die Immobilienkapitalanlage
als Problemlöser (z.B. Altersvorsorge) "verkauft" wurde
bzw. der Eindruck erweckt wurde, Wertsteigerung und Mietertrag seien
problemlos, ohne dafür etwas tun zu müssen.
5. Fazit
Bei der Vermarktung von zu errichtenden bzw. fertiggestellten
Eigentumswohnungen/Häusern ist danach zu differenzieren, ob es
sich um eine Immobilie für Selbstnutzer oder um eine Immobilienkapitalanlage
handelt. Bei der letzteren ist kapitalanlagerechtlich bedeutsam, mit
welcher Zwecksetzung sie vermarktet wird. Gehören dazu auch Problemlösungen
oder Zukunftsaussichten, so werden diese von kapitalanlagerechtlichen
Aufklärungspflichten mit erfaßt.
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