Fachbeiträge

Rechtsanwalt und Notar • Fachanwalt für Steuerrecht
Dr. iur. Klaur-R. Wagner, Wiesbaden


MaBV und § 632a Satz 1 BGB

Gravierende Folgen für Ratenzahlungspläne
bei Bauträgerverträgen als Formularverträgen

Vorbemerkung

Welche Folgen das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen für die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) und für Bauträgerverträge hat, wird von mir in Heft 12 der ZNotP dargestellt. Dort nicht behandelt wurden die sich aufgrund § 632a Satz 1 BGB ergebenden Folgen (wohl aber u.a. die zu § 632a Satz 3 BGB sich ergebenden Folgen).

Ein jüngst von Prof. Dr. Thode (stellvertretender Vorsitzender des für das Bauträgerrecht zuständigen VII. Senates des BGH und Honorarprofessor an der Universität Konstanz) gehaltener Vortrag zu den Auswirkungen des § 632a Satz 1 BGB auf die MaBV bei Bauträgerverträgen als Formularverträgen gibt Veranlassung, die aus seinen Erkenntnissen sich ergebenden Folgen nachzutragen und insoweit meinen Beitrag in ZNotP 12/2000 zu ergänzen.

1. Aussagen Thodes

Thode hat in einem wohl begründeten Vortrag auf dem RWS-Forum 2000 am 15.11.2000 auf folgendes hingewiesen:

  • Bei § 3 Abs. 2 MaBV handelt es sich um eine dem öffentlichen Recht angehörende Norm (Rechtsverordnung), die als Adressaten den Bauträger und nicht die zivilrechtlichen Vertragsparteien hat.

  • § 3 Abs. 2 MaBV hat Raten als Abschlagszahlungen zum Gegenstand, die keine in sich abgeschlossene Leistungen beschreiben (Vorbild § 12 Nr. 2 lit. a VOB/B), da nach der Rechtsprechung des BGH weder Bautenstände noch Stockwerke oder einzelne Gewerke in sich abgeschlossene Leistungen sind. Damit steht die MaBV zu § 632a Satz 1 BGB im Widerspruch.

  • § 3 Abs. 2 MaBV als Rechtsverordnung und dem öffentlichen Recht angehörig - Adressat ist nur der Bauträger - steht damit im Widerspruch zu § 632a Satz 1 BGB als Gesetz und dem Zivilrecht zugehörig - Adressat sind die Vertragsparteien -.

  • Damit hat § 632a Satz 1 BGB Vorrang vor § 3 Abs. 2 MaBV. Da § 632a BGB dispositiv ist, § 3 Abs. 2 MaBV aber zwingend, kann abweichend von § 632a BGB individualvertraglich vereinbart werden, daß dem Bauträgervertrag statt § 632a BGB nur die MaBV zugrunde gelegt werden soll. Bei individualvertraglich abgeschlossenen Bauträgerverträgen mit Abbedingung des § 632a BGB hat die weiterhin zwingend anzuwendende MaBV nach wie vor ihre "Berechtigung".

  • Formularvertraglich kann § 632a BGB nicht abbedungen werden. Dies verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG.

  • Die dem öffentlichen Recht zugehörige Rechtsverordnungsnorm des § 3 Abs. 2 MaBV, die sich auch nur an eine Partei - den Bauträger - richtet, ist auch keine lex specialis zur Gesetzesregelung des dem Zivilrecht zugehörigen § 632a BGB, der sich zudem an beide Vertragsparteien richtet.

  • Würde gem. § 27a AGBG eine Rechtsverordnung ergehen, die eine von § 632a Satz 1 BGB abweichende vertragliche Vereinbarung der darin enthaltenen Abschlagszahlungsregelung ermöglichen soll, so würde diese bei einem Formularvertrag der Inhaltskontrolle gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG nicht stand halten. Bei Formularverträgen würde eine solche auf § 27a AGBG aufbauende und von § 632a BGB abweichende Rechtsverordnung in Konflikt zu § 24a Nr. 3 AGBG treten, der das deutsche Transformationsergebnis einer europäischen Richtlinie ist. Per Rechtsverordnung kann nicht dieser Transformationsvorgang und damit letztlich die europäische Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen relativiert werden. Und in § 24a Nr. 3 AGBG wird über § 9 AGBG am gesetzlichen Leitbild (§ 632a BGB) festgehalten. Es bleibt folglich bei § 632a BGB als gesetzlichem Leitbild, da § 3 Abs. 2 MaBV kein gesetzliches Leitbild ist.

2. Folgen für Formularverträge bezüglich Abschlagszahlungsregelungen in Bauträgerverträgen

Die Abschlagszahlungsregelung des § 3 Abs. 2 MaBV bezüglich der darin geregelten tatsächlichen Regelungen (was von den Prozentsätzen der einzelnen Raten zu trennen ist) kann Bauträgerverträgen als Formularverträgen nicht mehr zu Grunde gelegt werden. Die Abschlagszahlungsregelung des § 632a Satz 1 BGB "überspielt" § 3 Abs. 2 MaBV.

Eine Vereinbarung von Abschlagszahlungstatbeständen in sich abgeschlossener Teile der Leistung quasi analog § 12 Nr. 2 a VOB/B (die folglich Teilabnahmen zulassen würden) müßte z.B. vergleichbare Voraussetzungen erfüllen:

"....die Heizungsanlage, die Tiefgarage einer Altenwohnanlage und Toiletteneinbaulüfter [stellen] solche abgeschlossene Teilleistungen dar."1)

Dann aber läßt sich keine Zuordnung zu den Prozentsätzen von § 3 Abs. 2 MaBV herstellen, denn:

"Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 4. Juli 1996 - VII ZR 227/93, BauR 1996, 846 = ZfBR 1996, 310 = NJW 1996, 3270 jeweils m.w.N.) ist die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muß deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen. Dabei kann er nicht ohne weiteres die nach dem Vertrag für den erreichten Bautenstand vorgesehenen Raten als Vergütung verlangen. Denn die Vergütung von Teilleistung mit Teilzahlung besagt nicht zwingend etwas dazu, daß die Vertragsparteien die einzelnen Teilleistungen tatsächlich mit den ihnen zugeordneten Raten bewerten. Wenn die Parteien allerdings den Pauschalpreis auf der Grundlage eines nach Einheitspreisen aufgeschlüsselten Angebotes des Unternehmers, insbesondere durch Abrundung, vereinbart haben, so kann dies ein brauchbarer Anhaltspunkt für die Berechnung der Vergütung für die erbrachten Leistungen sein."2)

Also müßte jede Teilleistung in Rahmen einer Abschlagszahlungsregelung gem. § 632a Satz 1 BGB beim Bauträgervertrag mit Festpreis wie entsprechend dem folgenden errechnet Gegenstand der Abschlagszahlungsvereinbarung sein:

"Die Höhe des Wertes der erbrachten [Teil-] Leistungen ist nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Leistungen zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung errechnet."3)

Bei diesen Vorgaben lassen sich Abschlagsregelungen, die dem § 632a Satz 1 BGB entsprechen, nicht mit Prozentsätzen des § 3 Abs. 2 MaBV verknüpfen.

Folglich wäre künftig beim Bauträgervertrag als Formularvertrag eine Abschlagszalungsregelung zu vereinbaren, die sich an den vorgenannten Maßstäben orientiert, um § 632a Satz 1 BGB zu entsprechen und nicht mehr an § 3 Abs. 2 MaBV. Und bei vorhandenen Bauträgerverträgen als Formularverträgen, die vor dem 01.05.2000 abgeschlossen wurden, aber noch nicht abgewickelt sind, müßten die Vertragsparteien durch eine zu beurkundende Nachtragsvereinbarung bezüglich der Abschlagszahlungsregelung "nachbessern", wozu der Erwerber bei vereinbarten salvatorischen Klauseln auch verpflichtet wäre.

Da Maßstab § 632a Satz 1 BGB und nicht mehr § 3 Abs. 2 MaBV ist, läßt sich dies m.E. auch nicht mit einer Bürgschaft nach § 7 MaBV korrigieren, die nicht über Defizite einer Abschlagszahlungsregelungen des § 632a Satz 1 BGB sondern allenfalls über Defizite des § 3 Abs. 2 MaBV hinweghelfen könnte.

Oder der Bauträger eines "laufenden" Bauträgervertrages als Formularvertrag fordert keine weiteren Raten an und stellt seinen "Kaufpreis" (unter Anrechnung bereits vor dem 01.05.2000 erhaltener Zahlungen) nach Fertigstellung des Bauvorhabens insgesamt in Rechnung.

Für neu abzuschließende (Bauträger-) Verträge als Formularverträge stehen folglich folgende Varianten zur Verfügung:

  • Möchte man eine Abschlagszahlungsregelung vereinbaren, dann nicht nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 MaBV sondern nach Maßgabe des § 632a Satz 1 BGB wie oben skizziert. Daneben gilt mit Ausnahme des § 3 Abs. 2 MaBV die MaBV weiter.

  • Oder das Grundstück wird vor Baubeginn dem Erwerber zu Eigentum übertragen, dann liegt kein klassischer Bauträgervertrag mehr vor. Man unterfällt dann zwar bezüglich einer Vereinbarung von Abschlagszahlungen zwar nicht der MaBV und nicht direkt dem § 632a BGB. § 632a BGB wird dann aber über § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG bzw. über § 24 Nr. 3 i.V.m. § 9 AGBG zum Maßstab.

  • Oder die geschuldete Immobilie wird erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung und vollständigen "Kaufpreiszahlung" zu Eigentum übertragen, dann ist sowohl die MaBV wie auch die Ratenzahlungsthematik entbehrlich.

3. Sicherungspflicht

Bei individualvertraglich vereinbarten Bauträgerverträgen kann § 632a Satz 3 BGB und die dortige Sicherungspflicht abbedungen werden. Es bleiben dort aber die zwingenden Regelungen der MaBV zu beachten.

Bei formularvertraglich vereinbarten Bauträgerverträgen, bei denen abweichend von § 3 Abs. 2 MaBV eine Abschlagszahlungsregelung gem. § 632a Satz 1 BGB vereinbart würde (s.o.), wäre zusätzlich die Sicherungspflicht der Abschlagszahlungen gem. § 632a Satz 3 BGB herbeizuführen.

4. Der Notar

Da der Notar gehalten ist, von Berufs wegen den sichersten Weg zu wählen, muß er vorsichtshalber ab sofort die Beurkundung von Bauträgerverträgen an dem ausrichten, was Thode als stellvertretender Senatspräsident des VII. Senats des BGH als dem für das Bauträgerrecht zuständigen Senat referiert hat.

Bei noch "laufenden" Bauträgerverträgen, bei denen der Notar vor Inkrafttreten des § 632a BGB Bauträgerverträge beurkundet hat, die aber noch nicht abgeschlossen sind, trifft ihn keine nachträgliche Belehrungspflicht über die mit § 632a BGB verbundenen Folgen, da sich § 17 BeurkG auf den Beurkundungsvorgang beschränkt. Dem Notar obliegt keine Belehrungspflicht gegenüber den Beteiligten einer Beurkundung über Rechtsfolgen, die durch eine nachträgliche Rechtsänderung (kraft Gesetzes oder durch Rechtsprechungsänderung) eintreten. Insoweit sind Beteiligte gehalten, sich durch Anwälte beraten zu lassen und eine Nachtragsbeurkundung beim Notar zu veinbaren.


1) OLG Hamm 05.07.1996 - 12 U 168/95, BauR 1997, 472 (JURIS-Orientierungssatz) [zurück]

2) BGH 20.01.2000 - VII ZR 97/99, NJW 2000, 1257 [zurück]

3) BGH 20.01.2000 - VII ZR 97/99, NJW 2000, 1257; zuvor schon BGH 29.06.1995 - VII ZR 184/94, NJW 1995, 2712; BGH 30.10.1997 - VII ZR 321/95, ZfBR 1998, 78; BGH 11.03.1999 - VII ZR 371/97, BauR 1999, 644 [zurück]