Aktuelle InformationenRechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Steuerrecht Wirksame formularvertragliche Abbedingung von § 632a BGB bei Bauträgerverträgen?Im notariellen Fachschrifttum wird die Auffassung vertreten, § 632a BGB sei beim Bauträgervertrag formularvertraglich abbedingbar, so daß lediglich die MaBV zu beachten sei. Trotz der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 632a BGB gilt dort die These des „weiter so". Nachfolgend soll aufgezeigt werden, welches Risiko solche Notare für sich und die Vertragsbeteiligten begründen. Gleichzeitig werden aber auch Wege aufgezeigt, wie solche Risiken ab sofort erheb-lich minimiert werden können. Für nach dem 01.05.2000 bis jetz geschlossene Verträge, die for-mularvertraglich § 632a BGB abbedungen haben, lassen sich Risiken nur durch Nachtragsbeurkundungen minimieren, die den nachfolgenden Vorschlägen entsprechen. 1. Individualvertragliche Abbedingung Individualvertraglich abweichende Vereinbarungen sind zulässig. 2. Formularvertragliche Abbedingung Bei formularvertraglicher Abbedingung muß man unterscheiden für die Zeit ab 01.05.2000 bis zum Inkrafttreten einer Hausbauverordnung / Eil-Sicherungsverordnung und der Zeit danach. Dabei ist bei Bauträgerverträgen jedenfalls den öffentlichrechtlichen Vorgaben der MaBV zu entsprechen, weil sonst Verstöße gegen die MaBV zur Nichtigkeit gemäß §§ 12 MaBV, 134 BGB führen. a) Vor Inkrafttreten der Hausbauverordnung / Eil-Sicherungsverordnung Die formularvertragliche Abbedingung des § 632a BGB, um eine Vertragsgestaltung wie bisher unter Beachtung der Vorgaben desr MaBV in die Tat umzusetzen, muß sich an zwei Kriterien messen lassen, nämlich an § 9 AGBG und an § 24a Nr. 3 AGBG. Daß ein von den Parteien vor einem Notar geschlossener Erwerbsvertrag dann dem AGBG unterfällt, wenn z.B. der Bauträger auf der Grundlage eines solchen von ihm vorgegebenen Formularvertrages eine Vielzahl von Verträgen schließt, ist in der Rechtsprechung entschieden. a1) § 9 AGBG § 27a AGBG gestattet für den Fall des Ergehens der darin angesprochenen Rechtsverordnung eine vertragliche Abweichung von § 632a BGB. Die formularvertragliche Folge einer solchen Abweichung ist die Vermeidung einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG. So lange aber eine solche Rechtsverordnung nicht erging, konnte bei einer formularvertraglichen Abweichung von § 632a BGB die Inhaltskontrolle des § 9 AGBG auch nicht vermieden werden. Mißt man folglich eine Abweichung an § 9 AGBG, so stellt sich folgende Rechtslage ein: Die Abschlagszahlungsregelung des § 632a Satz 1 BGB und die Sicherungspflicht gem. § 632a Satz 3 BGB stellen Erwerber eines Bauträgervertrages besser als nach der MaBV, da sie einer-seits weniger Abschlagszahlungen zahlen müssen und das von ihnen gezahlte zusätzlich nach den §§ 232 ff. BGB gesichert wird. Eine Abweichung davon benachteiligt mithin Erwerber gem. § 9 Abs. 1 AGBG. Wenn eine solche Abweichung das verbraucherschutzbezogene System des Grundgedankens des § 632a BGB verläßt, ist darin aufgrund der gesetzlichen Vermutungsregel des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG auch eine unangemessene Benachteiligung zu sehen. Verbleibt die Frage, ob eine solche Abweichung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG den Erwerber "entgegen den Gebo-ten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt." Solches wird dann angenommen, wenn die Abweichung vom dispositiven Recht für den Vertragspartner des Klauselverwenders Nachteile von einigem Gewicht begründet oder zu einer inhaltlich entscheidenden Benachteiligung führt, ohne daß dessen Interessen hinreichend berücksichtigt werden und ein angemessener Ausgleich zugestanden wird. Einerseits wird auf den Vergleichsmaßstab der dispositiven Vorschriften abgestellt, die durch die Abbedingung verdrängt werden und andererseits wird die Wesentlichkeit der Abweichung von diesen maßgeblichen gesetzlichen Regelungen beurteilt. Da bei einer Abbedingung des § 632a BGB auf die Ebene der MaBV die Rückzahlungs-Sicherungsfunktion für geleistete Abschlagszahlungen in § 632a Satz 3 BGB ersatzlos ausfällt, besteht das Risiko, daß für solche Fälle der BGH auf der Grundlage sei-ner schon vorhandenen Rectsprechung eine Abweichung entgegen den Geboten von Treu und Glauben annehmen könnte. Verstößt aber eine Abbedingung des § 632a BGB - selbst wenn die Vorgaben der MaBV beachtet werden - gegen § 9 AGBG, dann ist diese Abbedingung unwirksam und es gilt wieder § 632a BGB (§ 6 Abs. 2 AGBG). Die Vertragsparteien gewinnen mithin durch die Abbedingung dort nichts, wo sich der Erwerber auf die Unwirksamkeit der Abbedingung beruft. Erleidet dagegen der Erwerber durch die unwirksame Abbedingung einen finanziellen Nachteil, weil etwa der Bauträger insolvent wird und die Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlungen nicht gesichert wurde und hatte der Notar darüber nicht aufgeklärt, so liegt eine haftungsrelevante Amtspflichtverletzung des Notars vor (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO), die auch berufsrechtlich zu ahnden ist (§ 95 BNotO). Dieses amtshaftungsrechtliche und berufsrechtliche Problem stellt sich für den Notar aber nicht nur dort, wo er eine Abbedingung des § 632a BGB beurkundet, sondern erst recht auch dort, wo er nicht beide Vertragsparteien - nicht nur die formell Beteiligten - (§ 17 Abs. 2a BeurkG) zwecks Ausräumung von Zweifel und Irrtümern belehrt (§ 17 Abs. 1 BeurkG). Der Notar ist daher zunächst einmal verpflichtet (gewesen), beide Vertragsparteien anläßlich der Beurkundung über den gesetzlichen Normalfall des § 632a BGB zu belehren. Erst nach einer solchen Belehrung stellt sich dann die Frage der Abbedingung des § 632a BGB, wenn beide Vertragsparteien dies wünschen und dem Erwerber bewußt ist, welche nachteiligen Folgen dies für ihn hat. Aber: Notare dürfen an der Beurkundung unwirksamer Verträge oder Klauseln nicht mitwirken. Notaren, denen aufgrund der Diskussion um die Frage der Wirksamkeit der Abbedingung des § 632a BGB bekannt ist, daß hier erhebliche Wirksamkeitsbedenken bestehen, stehen mithin bei formularvertraglicher Abbedingung des § 632a BGB selbst dort, wo beide Vertragsparteien ent-sprechend belehrt wurden, vor folgender Situation: Die formularvertragliche Abbedingung von § 632a BGB mit den zuvor aufgezeigten sich aus der Rechtsprechung ableitenden Wirksamkeitsbedenken könnte dann gleichwohl die Voraussetzung eines bedingt vorsätzlichen Pflichtverstoßes erfüllen, mit entsprechenden Folgen auch für die Belastung des Vertrauensschadenfonds. Vor diesem Hintergrund wird es diesseits als unverantwortlich angesehen, wenn Notare gleichwohl Abbedingungen des § 632a BGB beurkunden sollten, ohne zumindest nach § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG verfahren zu sein und Autoren und profilierte Notarvertreter die Meinung vertreten, es habe sich im Grunde nichts geändert, man könne ungeachtet des § 632a BGB weiter so auf der Grundlage der MaBV beurkunden wie bisher. Statt dessen sollte der Notarstand auf die mit einer formularvertraglichen Abbedingung des § 632a BGB verbundenen Probleme den Gesetzgeber hinweisen. a2) § 24a Nr. 3 AGBG Gemäß § 24a Nr. 2 AGBG ist u.a. § 9 AGBG auch auf solche vorformulierte Vertragsbedingungen anzuwenden, wenn sie nur einmal angewendet werden und soweit Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluß nehmen können. Dies gilt auch für Notarverträ-ge. § 24a Nr. 3 AGBG führt zusätzlich aus, daß zusätzlich zur Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 9 AGBG "auch die den Vertragsabschluß begleitenden Umstände zu berücksichtigen" sind. Da mit dem zuvor ausgeführten § 9 AGBG bei formularvertraglicher Ab-bedingung des § 632a BGB einschlägig sein kann, kann er es auch für die Fälle des § 24a Nr. 2 und 3 AGBG. Aber es tritt gegenüber der reinen Inhaltskontrolle des § 9 AGBG für die Fälle des § 24a AGBG ein verschäfter Kontrollmaßstab hinzu, wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, ob eine unangemessene Benachteiligung gegeben ist. Bei § 24a AGBG handelt es sich um die Umset-zung der Europäischen Verbraucherschutzrichtlinie in nationales Recht. Es ist folglich sowohl ein genereller wie auch ein konkret individueller Prüfungsmaßstab anzulegen. Und es ist stets auch beim Kontrollmaßstab des § 24a AGBG zu messen, ob den Maßstäben der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie entsprochen wird. Für die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG ist näm-lich letztinstanzlich der BGH und für die Frage der Einhaltung der Maßstäbe der Europäischen Verbraucherschutzrichtlinie der EuGH zuständig, was bei nationalen Unklarheiten eine Vorlage-pflicht des BGH zur Folge hat. Bestehen in Auslegungsfragen unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, ist zudem stets der richtlinienkonformen Auslegung der Vorzug zu geben. Dies bedeutet für den Notar: Ob eine formularvertragliche Abbedingung des § 632a BGB gegen § 24a Nr. 3 AGBG verstößt, hat er nicht nur nach den Maßstäben nationaler Inhaltskontrolle gem. § 9 AGBG zu beurteilen, sondern zusätzlich auch und vor allem an den Kontrollmaßstäben der europäischen Verbraucherschutzrichtlinie. Wenn er dabei auf Auslegungsprobleme stoßen sollte, muß er einer Auslegung den Vorzug geben, die dem Gedanken der europäischen Richtlinie am ehesten zur Geltung verhilft (sog. richtlinienkonforme Auslegung). Kommt er dabei immer noch nicht zu einem eindeutigen Wirksamkeitsergebnis, muß er nach § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG verfahren. Überträgt man diese Maßstäbe auf eine formularvertragliche Abbedingung des § 632a BGB, dann wurde der denkbare nationalstaatliche Verstoß gegen § 9 AGBG zuvor schon dargelegt. Ein zusätzlicher Verstoß, gemessen an der Europäischen Verbraucherschutzrichtlinie, könnte in fol-gendem gesehen werden:
b) Nach Inkrafttreten der Hausbauverordnung / Eil-Sicherungsverordnung Daß § 27a AGBG als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung gegen sekundäres europäisches Gemeinschaftsrecht und gegen deutsches Verfassungsrecht verstößt, haben Thode und Wagner dargelegt. Diese Mängel würden sich auf eine Hausbauverordnung erstrecken, wenn diese erginge. Schmidt-Räntsch teilte am 24.03.2001 anläßlich einer Veranstaltung des deutschen Anwaltsinstitutes mit, es sei mit besagter Hausbauverordnung in Kürze nicht zu rechnen. Statt dessen sei in Kürze mit einer Eil-Sicherungsverordnung zu rechnen, um rückwirkend auf den 01.05.2000 wieder Rechtsfrieden herzustellen. Als Wortlaut einer solchen Verordnung soll vorgesehen sein: "Verordnung über Abschlagszahlungen in Bauträgerverträgen § 1 Zulässige Abschlagszahlungen In Bauträgerverträgen können abweichend von § 632a BGB des Bürgerlichen Gesetzbuchs die in den §§ 2 bis 8 der Makler- und Bauträgerverordnung bestimmten Abschlagszahlungen unter den dort genannten Bedingungen und Voraussetzungen verlangt werden. § 2 Betroffene Verträge Diese Verordnung ist auch auf vor dem ..... (Einsetzen: Datum des Inkrafttretens) abgeschlossene Verträge anzuwenden. Dies gilt nicht, wenn zwischen den Vertragsparteien ein rechtskräftiges Urteil ergangen oder ein (verbindlich gewordener) Vergleich abgeschlossen worden ist. § 3 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am tage nach der Verkündung in Kraft." Eine solche Verordnung heilt nicht die von Thode und Wagner aufgezeigten europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Mängel, die dem § 27a AGBG als gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage anhängen. Eine solche Verordnung begründet zudem in sich Probleme:
Der Notar hat Recht und Gesetz anzuwenden. Dem Notar steht keine Verwerfungskompetenz bezüglich § 27a AGBG und eine Hausbauverordnung oder vorgenannte Eil-Sicherungsverordnung zu, wenn sie erginge. Wenn folglich der Notar so beurkunden würde, wie dies in besagter Eil-Sicherungsverordnung zum Ausdruck kommt, so kann ihm dies nicht als Pflichtverletzung vorgehalten werden. Es ist zweifelhaft, ob der Notar verpflichtet ist, die Vertragsbeteiligten über die hier geäußerten europarechtliche und verfassungsrechtlichen Bedenken zu § 27a AGBG und besagte Eil-Sicherungsverordnung zu belehren. Es wird daher diesseits die Auffassung vertreten, daß eine solche Eil-Sicherungsverordnung, wenn sie erginge, im Hinblick auf die aufgezeigten Probleme den notariellen Berufsstand von haftungs- und berufsrechtlichen Risiken befreit. Gänzlich anders stellt sich jedoch die Problemlage für die Vertragsparteien dar. Denn würde ein Erwerber Abschlagszahlungen gegenüber dem Bauträger verweigern und zur rechtlichen Rechtfertigung sich auf die von Thode und Wagner aufgeworfenen europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Probleme berufen, dann wäre offen, wie ein LG, OLG oder der BGH (mit oder ohne Vorlage an den EuGH), das BVerfG und schließlich eventuell der EuGH darüber entscheiden. Diese die Vertragsparteien berührenden Probleme bleiben mithin so lange bestehen, wie sie auf der Grundlage des § 27a AGBG i.V.m. einer eventuellen Hausbauverordnung bzw. Eil-Sicherungsverordnung, nachdem eine dieser Rechtsverordnungen erginge, formularvertraglich § 632a AGBG abbedingen würde. Würden sich diese europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Einwände in der Weise als begründet erweisen, daß z.B. das BVerfG bzw. der EuGH § 27a AGBG als verfassungswidrig bzw. europarechtswidrig für unwirksam erklären würden, dann wäre die formularvertragliche Abbedingung des § 632a BGB nach §§ 9 und 24a Nr. 3 AGBG zu beurteilen, so daß dann das vorgenannte für die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien untereinander entsprechend gelten wür-de. Möchte man seitens der Vertragsparteien auch diese (Rest-) Risiken minimieren, so könnte es sich anbieten, auch für die Zeit nach Ergehen der Eil - Sicherungsverordnung nicht § 632a BGB ersatzlos abzubedingen, sondern kompensatorisch vertraglich das zu vereinbaren, was das Instituts für Baurecht Freiburg e.V. als Gesetzesvorschlag dem Bundesjustizministerium unterbreitet hat. Um den Vertragsparteien es zu ermöglichen, hat deshalb der Notar über die verbleibenden europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Probleme zu belehren und den zuvor aufgezeigten Lösungsweg zwecks Risikominimierung aufzuzeigen (§ 17 Abs. 1 BeurkG).
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